RESSOURCEN- UND FINANZIERUNGSANFORDERUNGEN DER GESCHÄFTSIDEE
Die Anforderungen werden wie folgt ermittelt:
- Die Auswahl des Fertigungsstandortes. Relevante Faktoren dafür sind u. a. lokale Lohnniveaus, gesetzliche Vorschriften, nationale Förderinitiativen, Steuern und vorhandene Lieferanten.
- Der Grad der Eigenfertigung. Je geringer dieser Grad, desto kleiner ist auch die anfängliche Kostenbelastung für Startups. Allerdings erhöht sich damit auch die Abhängigkeit von einem externen Versorgungsnetz.
- Sind die Umrisse der innerbetrieblichen Fertigungskette einmal definiert, wird als nächstes die Fahrzeugstückliste (Bill of Material, BOM) erstellt. Diese umfasst sämtliche materialbezogenen Ausgaben des Projekts, d. h. alle Material-, Montage-, Arbeits- und Einkaufskosten ebenso wie alle einmaligen Kosten für Werkzeuge, Lieferantenentwicklung, Planung, Inbetriebnahme sowie Investitionen in die Stückliste.
- Schätzung des Kostenaufwands für den Aufbau eines zuverlässigen After-Sales-Netzwerks. Denn schon bestehende Kundschaft sollte auch nach dem Kauf einen angemessenen Service bei Problemen mit dem Fahrzeug erhalten.
In Bezug auf diese Anforderungen ist es auch wichtig, unerwartete Entwicklungen einzukalkulieren. So könnte beispielsweise die Lieferkette für Lithium (eine wichtige Ressource für EV-Batterien) durch politische Unruhen oder einen plötzlichen Zusammenbruch von Bergbaugebieten aufgrund von Naturkatastrophen unterbrochen werden. Dadurch würde sich der Lithium-Preis erhöhen – und mit ihm die Kosten für die benötigten Fahrzeugteile. Solche Unsicherheitsfaktoren sollten vertraglich berücksichtigt werden.
ERWARTETER GEWINN DER GESCHÄFTSIDEE
Der Fahrzeugpreis ist das wichtigste Maß zur Berechnung des erwarteten Gewinns. Es ist allerdings wichtig zu bedenken, dass der Preis Teil der gesamten Marketingstrategie ist und aus diesem Grund nicht willkürlich angepasst werden kann, nur um Gewinnziele zu erreichen. Daher sind vor jeder wesentlichen Änderung des Marktpreises 1. die Auswirkungen auf den Zielkund_innenstamm des Fahrzeugs zu prüfen und 2. ist zu klären, ob Änderungen an der Marketingstrategie notwendig und realisierbar sind.
Der abgeschlossene Business Case gibt dem Startup eine klare Vorstellung davon, ob sein Projekt unter den gesetzten Bedingungen ausreichende Erlöse erzielen wird.
HERAUSFORDERUNGEN EINES BUSINESS CASE
Auch beim Erstellen eines Business Case gibt es einige Herausforderungen zu bewältigen:
Herausforderung #1: Den korrekten Produktionsumfang definieren
Eine der häufigsten Herausforderungen besteht darin, den genauen Produktionsumfang zu definieren, der angestrebt werden sollte. Beim Einstieg in den Fahrzeugmarkt fehlt es Startups naturgemäß noch an Vergleichsmaßstäben hinsichtlich ihrer Marktleistung. Da ihre Marke noch nicht etabliert ist, können sie nicht mit Sicherheit abschätzen, wie sich der Absatz entwickeln wird.
Herausforderung #2: Geringe Produktionsmengen von Automotive Startups
Ein weiterer wichtiger Faktor in Bezug auf den Produktionsumfang ist, dass ein besonders geringes Produktionsvolumen (alles im 5- bis niedrigen 6-stelligen Bereich) Lieferanten oder Produktionspartner von einer Zusammenarbeit mit Startups abhalten kann. Niedrige Produktionszahlen bedeuten automatisch auch geringere Erlösaussichten – und erfordern obendrein den Aufbau einer komplett neuen Produktionskette.
Herausforderung #3: Der Business Case liefert zu niedrige Erlöse
Der Business Case kann schlichtweg auch zu unbefriedigenden Erlösen führen und eine Anpassung des Projektes notwendig machen. Möglichkeiten, darauf zu reagieren, sind:
- Die Erhöhung des Fahrzeugpreises, die jedoch, wie bereits erwähnt, auch Auswirkungen auf die Marketingstrategie hätte.
- Der Wechsel des Produktionsstandortes in ein Land mit günstigeren Förderprogrammen, besseren Steuerbedingungen oder niedrigeren Arbeitskosten. Der Standortwechsel sollte sich allerdings nicht negativ auf die Produktqualität, Transport- und Lieferantenkosten auswirken. Außerdem sollte entsprechendes Knowhow seitens der lokalen Arbeitskräfte vorhanden sein.
- Die Reduzierung von Einmalkosten durch die Auslagerung bestimmter Aspekte der Produktionskette. Um die anfängliche finanzielle Belastung zu verringern, bietet es sich z. B. an, Fahrzeug-Entwicklungs- und -Produktionspartner zu beauftragen und dadurch die Eigenproduktion zu reduzieren. Eine ebenso praktikable Möglichkeit wäre die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugplattformen.
AUSBLICK: 5 ARGUMENTE, UM INVESTOR_INNEN VON IHREM FAHRZEUGPROJEKT ZU ÜBERZEUGEN
Zusammenfassend beschreibt der Business Case, wie alle beteiligten Stakeholder finanziell von der Realisierung der Geschäftsidee profitieren werden. Er stellt Annahmen über das Projekt in ersten Zahlen dar – stets unter Berücksichtigung unterschiedlicher Szenarien, die sich aus gewissen Unsicherheitsfaktoren ergeben können.
Es ist wichtig, dass Startups ihre Geschäftsidee exakt wie im Business Case festgelegt umsetzen. Dabei sollten sie immer offen für Vorschläge erfahrener Partner bleiben und bereit sein, ihren Business Case ggf. zu ändern. Investor_innen werden der Gültigkeit der im Business Case dargelegten Zahlen stets kritisch gegenüberstehen. Es lohnt sich also, Zeit, Arbeit und Verantwortung in die Entwicklung eines Business Case zu investieren. Einerseits erhalten Startups dadurch ein realistisches Bild von ihrem Projekt und andererseits eine bessere Ausgangsposition, um Investor_innen und Partner an Bord zu holen. Wie Sie diese mit 5 Argumenten von Ihrem Fahrzeugprojekt überzeugen können, erläutert der folgende Artikel.