
DEFINITION VON HMI, UI UND UX
Die Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) umfasst alle Interaktionspunkte zwischen Fahrer oder Passagier und dem Fahrzeug. Dazu gehören mechanische Elemente wie Hebel oder Knöpfe ebenso wie digitale Interfaces wie Touchscreens, Sprachassistenten oder Gestensteuerung. UI und UX sind spezifische Aspekte des HMI und lassen sich wie folgt definieren:
- User Interface (UI) bezeichnet die Gestaltung und Struktur der Benutzeroberflächen. Dazu zählen bei graphischen Benutzeroberflächen visuelle Elemente wie Symbole, Menüs und Animationen sowie die Anordnung der Bedienelemente und die Logik des Bedienprozesses.
- User Experience (UX) beschreibt das gesamte Nutzererlebnis, das durch die Bedienung und Handhabung entsteht. Hierzu gehören Aspekte wie Intuitivität, Bedienkomfort, emotionale Bindung und die Überzeugungskraft der Funktionalität.
Die beiden Bereiche UI und UX sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Eine klare und durchdachte Benutzeroberfläche verbessert die Nutzererfahrung und damit die gesamte Wahrnehmung und das Erleben des Fahrzeugs.
DAS ZUSAMMENSPIEL VON UI UND UX
UI und UX arbeiten Hand in Hand, um eine nahtlose Interaktion zwischen Mensch und Fahrzeug zu gewährleisten. Während das UI die visuelle und funktionale Gestaltung beschreibt, sorgt die UX für das subjektive Erlebnis, das der Nutzer dabei empfindet.
Ein Beispiel ist die Steuerung des Radios: Das UI umfasst die visuelle Darstellung der Bedienelemente, wie einen Lautstärke-Slider oder Programm-Buttons. Die UX betrachtet, wie intuitiv diese Bedienelemente zu erreichen sind und wie gut sie auf Nutzeraktionen reagieren. Unterschiedliche Nutzergruppen können dabei unterschiedliche Erwartungen haben. Deshalb ist es wichtig, in der Entwicklungsphase Benchmark-Tests und Nutzerstudien durchzuführen, um eine möglichst universelle und dennoch personalisierbare UX zu schaffen. Zusammengefasst spricht man hier vom UI/UX-Design.
ANFORDERUNGEN AN UX IM RAHMEN DER GESAMTFAHRZEUGSTRATEGIE
Das UX-Konzept ist ein zentraler Bestandteil der Gesamtfahrzeugstrategie und wird in frühen Entwicklungsphasen definiert. Dazu gehört die Analyse von Zielgruppen, Marktanforderungen und gesetzlichen Vorgaben. Eine wichtige Rolle spielt das sogenannte Customer Market Profile. Es beschreibt, welche Funktionen und Merkmale für die Kunden eines bestimmten Marktes oder Segments von besonderer Bedeutung sind.
Beispielsweise legen Nutzer von Premiumfahrzeugen besonderen Wert auf hochwertige Materialien, ein umfassendes Infotainment und ausgefeilte Komfortfunktionen. Bei einem kostengünstigen Stadtfahrzeug stehen hingegen Einfachheit, Funktionalität und Ökonomie im Vordergrund. Diese Anforderungen müssen in einem schlüssigen UI/UX-Konzept berücksichtigt und optimal umgesetzt werden. Nicht selten gibt es auch bereits Referenzlösungen am Markt, an denen sich ein Kunde bei einem neuen Anzeige-Bedienkonzept orientieren möchte.
AUFBAU EINES UI/UX-PROJEKTES BEI MAGNA
Ein UI/UX-Projekt bei Magna folgt einer klaren Struktur, die sich am V-Modell orientiert. Dieses Modell mit korrespondierenden Entwicklungs- und Testphasen bietet eine iterative und nachvollziehbare Herangehensweise an die Fahrzeugentwicklung.
1. Strategiephase
In dieser ersten Phase werden die Grundvoraussetzungen des Projekts definiert. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis für den Kunden und dessen Erwartungen zu entwickeln. Eine erste Skizze dient als Ausgangspunkt, um die Interaktionsstrategie zu definieren: Soll es ein einzelnes zentrales Display geben oder eine Multi-Screen-Lösung? Welche Rolle spielen Sprachsteuerung und haptische Bedienelemente? Diese frühen Entscheidungen bestimmen nicht nur das Nutzererlebnis, sondern auch die technische Machbarkeit und Designrichtung für die Konzeptphase. Ein klarer strategischer Rahmen erleichtert es, innovative und intuitive Lösungen für die Fahrzeugbedienung zu entwickeln.
- Zielgruppenanalyse: Wer wird das Fahrzeug nutzen, und welche Bedürfnisse hat diese Zielgruppe?
- Marktanforderungen: Welche Funktionen sind in den Zielmärkten unverzichtbar?
- Gesetzliche Vorgaben: Welche Standards und Regelungen müssen eingehalten werden?
2. Konzeptphase
Auf Basis der strategischen Anforderungen entstehen erste Konzepte. Diese umfassen die Struktur der Benutzeroberfläche, Interaktionsmuster und stilistische Vorgaben. In dieser Phase werden nicht nur grobe Entwürfe erstellt, sondern detaillierte UI/UX-Konzepte entwickelt, die Layout, Bedienkonzepte, Interaktionsstrategien und den gesamten Bedienfluss definieren.
- Erstellung von Wireframes und UI-Design: Neben der Struktur und Funktionsweise des UI wird in dieser Phase auch das visuelle Design erarbeitet.
- Definition der UX-Ziele: Wie intuitiv und angenehm soll die Bedienung sein? Welche Emotionen sollen geweckt werden?
- Anzeige- und Bedienkonzept für alle Fahrzeugfunktionen: Alle Funktionen des Fahrzeugs müssen mit einem klaren Interaktionskonzept versehen und durch Prototyping evaluiert werden.
- Finale Konzeptbeschreibung: Das Endergebnis dieser Phase ist eine umfassende Konzeptdokumentation, die alle Displays, Bedienelemente und Interaktionsmechanismen beschreibt.
Diese detaillierte Ausarbeitung legt die Grundlage für die anschließende Implementierung und sichert eine konsistente Nutzererfahrung.
2.1 Prototyping
In der Konzeptphase werden bei Magna mittels Prototyping die Konzepte konkretisiert und iterativ getestet. Prototypen sind dabei ein entscheidendes Mittel, um Ideen greifbar zu machen und Feedback frühzeitig zu integrieren. Die Bandbreite reicht von virtuellen Modellen bis zu physischen Demonstratoren.
- Virtuelle Prototypen: Tools wie Figma oder Adobe XD erlauben es, sogenannte Click-Dummies zu erstellen. Diese interaktiven Modelle simulieren die Navigation durch Menüs und die Bedienung von Funktionen am Bildschirm.
- Hardware-Demonstratoren: Diese fahrzeugähnlichen Konstruktionen bieten die Möglichkeit, Bedienkonzepte unter realitätsnahen Bedingungen zu testen. Ein Demonstrator kann beispielsweise aus einem Fahrersitz mit integrierten Displays, Lenkrad und weiteren Bedienelementen bestehen. Demonstratoren dieser Art erinnern ein wenig an Fahr- oder Rennsimulatoren.
- Virtual Reality (VR) und Mixed Reality (MR): Mithilfe von VR-Brillen können Nutzer das Interaktionsdesign in einer virtuellen Fahrzeugumgebung erleben. Mixed Reality kombiniert reale Demonstratoren mit virtuellen Elementen und ermöglicht so eine besonders immersive Erprobung. Ein Beispiel: Ein Demonstrator simuliert die Bedienung des Infotainmentsystems über Sprachbefehle, Gestensteuerung und Touchscreen. Die Probanden können direkt Feedback geben, ob die Bedienung intuitiv ist oder verbessert werden muss. Mit VR können zusätzlich die Sichtfelder im Fahrzeug oder die Ergonomie der Bedienelemente getestet werden.
2.2 . Evaluierung mittels Prototyping und Implementierung
Die Evaluierung der Prototypen erfolgt durch umfangreiche Tests mit Nutzern und Stakeholdern. Erst nach finaler Abnahme werden die Konzepte technisch implementiert und in die Fahrzeugarchitektur eingebettet.
- Evaluierungsschleifen: Regelmäßige Feedback-Runden stellen sicher, dass Anforderungen erfüllt und Probleme frühzeitig erkannt werden.
- Systemintegration: Die entwickelten Features müssen nahtlos in bestehende Fahrzeugarchitekturen integriert werden.
3. Serienüberführung
In der letzten Phase erfolgt die Umsetzung in die Serienproduktion. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Zulieferern entscheidend, um die hohen Anforderungen an Qualität und Funktionalität zu erfüllen.
HERAUSFORDERUNGEN IN DER UI/UX-ENTWICKLUNG
Die Entwicklung von UI und UX ist komplex und bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. So müssen beispielsweise auch internationale Standards berücksichtigt werden. Unterschiedliche gesetzliche Anforderungen aber auch kulturelle Unterschiede in den Märkten erfordern flexible und skalierbare Konzepte. Zunehmend bedeutender wird zudem die technologische Integration der Systeme, da zukünftig immer mehr Fahrzeuge auch mit der externen Infrastruktur verknüpft sind, etwa mit Ampeln. Hinzu kommt die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander. Dies alles stellt auch an die Datensicherheit hohe Anforderungen.
Eine durchgängige Toolchain hilft dabei, Fehler zu minimieren. Alle Entwicklungswerkzeuge in einem UI/UX-Projekt sollten optimal aufeinander abgestimmt sein.
ENTWICKLUNG DER BEDIENKONZEPTE ÜBER DIE ZEIT
In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die Fahrzeugbedienung drastisch gewandelt. Früher dominierten mechanische Schalter, Knöpfe und analoge Anzeigen, heute stehen digitale Interfaces im Vordergrund.
Besonders deutlich wird das im Bereich Unterhaltung, wo sich das klassische Autoradio mit Drehknöpfen hin zu einem vollständig digitalisierten Info- und Entertainmentsystem entwickelt hat. Unterschiedlicher können Bedienkonzepte kaum sein. Die Integration von Sprachassistenten und Gestensteuerung zeigt zudem den Trend zu intuitiveren und sichereren Bedienkonzepten.
ZUKUNFT VON UI/UX IN DER AUTOMOBILINDUSTRIE
Die nächsten Jahre versprechen zahlreiche Innovationen im Bereich UI und UX:
- Augmented Reality (AR): Informationen wie Navigationshinweise werden direkt auf die Windschutzscheibe projiziert.
- Autonomes Fahren: Die Gestaltung des Innenraums wird sich verändern, da der Fokus nicht mehr auf dem Fahrer liegt.
- KI-gestützte Personalisierung: Systeme, die sich an die Vorlieben und Gewohnheiten der Nutzer anpassen, werden Standard.
FAZIT UND AUSBLICK
UI und UX nehmen eine entscheidende Rolle in der Automobilindustrie ein. Sie beeinflussen die Funktionalität, Sicherheit und das emotionale Erlebnis moderner Fahrzeuge. Durch den Einsatz innovativer Technologien wie VR und AR können Bedienkonzepte frühzeitig getestet und optimiert werden. Magna ist hier bestens aufgestellt und sieht vor allem in der verstärkten Nutzung von Mixed Reality zentrale Schritte in Richtung Zukunft. Magna setzt in einem UI/UX-Projekt auf innovative Demonstratoren, um Fahrzeugbedienkonzepte frühzeitig zu evaluieren und zu optimieren. Durch den Einsatz von Virtual Reality können Design- und Bedienkonzepte bereits in der Konzeptphase getestet werden, was Entwicklungskosten reduziert, und die Markteinführung beschleunigt. Augmented Reality ist eine weitere Evolutionsstufe, mit der man bei Magna eine noch realistischere Simulation von Fahrerlebnissen ermöglicht und innovative Bedienlösungen direkt in den Fahrzeugkontext integriert. Der UI-Demonstrator als Kernstück im gesamten UI/UX-Prozess, repräsentiert dabei stets den aktuellen Konzeptstand.
Dank umfassender Erfahrung mit traditionellen Automobilherstellern und neuen Playern, sowie einem strukturierten Entwicklungsprozess setzt Magna neue Maßstäbe in der Gestaltung intuitiver und zukunftssicherer Fahrzeuginteraktionen. Diese Technologien werden nicht nur die Entwicklung beschleunigen, sondern auch die Möglichkeiten für die Gestaltung von Fahrzeugen vorantreiben. Insbesondere mit Blick auf autonomes Fahren und die wachsende Bedeutung des Innenraums werden neue, immersive Bedienkonzepte eine entscheidende Rolle spielen.
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